Marley hat seinen Kampf gegen Cushing und die begleitenden Krankheiten trotz meiner größten Bemühungen leider Anfang des Jahres 2018 verloren.
Er hat nach der Diagnose noch ca. 3,5 Jahre gelebt, was eine enttäuschend kurze Zeit ist – ich kann mich erinnern, dass mir sowohl Tierärzte als auch andere betroffene Hundebesitzer versichert hatten, dass er mit Cushing genauso alt werden kann, wie ein Hund ohne Cushing. Leider war dem nicht so und ich fühle ein gewisses persönliches Versagen, aber auch eine Unzulänglichkeit in den veterinärmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung … ich hätte auf zumindest ein oder zwei gemeinsame Jahre mehr gehofft, da ich seit der Diagnose wirklich alles versucht habe und weder Kosten noch Mühen gespart hatte.
Einige wichtige persönliche Erkenntnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit Cushing sind:
1.) In manchen Fällen (leider so bei Marley) kann das Cushing-Medikament Vetoryl (Wirkstoff Trilostan) leider sehr wohl – obwohl es an und für sich keine Zellen zerstören sollte – zu Nekrosen an den Nebennieren führen; auch stehen häufige ACTH-Stimulations-Tests (also die künstliche Bombardierung mit zusätzlichem Cortisol und leider im Moment die einzige Methode zur Überwachung der richtigen Einstellung der Medikamente gegen Cushing) im Verdacht, Schäden an den Nebennieren hervorzurufen.
2.) Eine Addison Krise aufgrund der Vetoryl Gabe kann schneller passieren, als man glaubt. Man sollte sich von dem Gedanken lösen, dass man Medikamente unbedingt regelmäßig geben muss; kommt es bei einem Hund, der mit Trilostan behandelt wird zu Durchfall, Erbrechen, schlechtem Appetit, ist auf jeden Fall angesagt, das Medikament sofort abzusetzen! Im Unterschied zu anderen Medikamenten kann Vetoryl sehr gefährlich für den Körper sein und zum Tod führen; deshalb ist im Zweifel einmal weniger geben besser, als einmal mehr (das hat sich aber scheinbar leider noch nicht bei allen Tierärzten herumgesprochen!)
3.) Der ACTH-Stimulations-Test ist ein schlechtes Vehikel um die richtige Einstellung (von Vetoryl/Trilostan) zu überprüfen. (In unserem konkreten Fall hatten wir nur 10 Tage vor einer Addison Krise den Test gemacht und er zeigte optimale Werte!). Alternativen scheint es immer noch nicht zu geben …
4.) Wenn bei einem Cushing Hund mit Trilostan-Behandlung das Symptom PU/PD nicht eingedämmt werden kann, könnte es sich – wie in Marleys Fall – um ein Makroadenom an der Hypophyse handeln, das die Produktion des antidiuretischen Hormons (ADH) hemmt und dadurch ein zentrales Diabetes Insipidus erzeugt, das dann mit anderen Medikamenten (Wirkstoff Desmopressin) behandelt werden muss.
5.) Cushing beim Hund kommt häufiger vor, als gedacht; es wird nur nicht immer (richtig) diagnostiziert, da es bei vielen Hunde erst in hohem Alter auftritt.
6.) Die Ursachen für Cushing beim Hund scheinen komplett unerforscht zu sein; es ist auch nicht klar, ob es vererbbar ist, oder ob Umweltfaktoren (z.B. Stress) verantwortlich sind.
7.) In der Literatur werden einige Rassen als prädisponiert beschrieben: Pudel, Dackel, Cockerspaniel, Beagle, einige Terrierrassen, Deutscher Schäferhund und Boxer. Durch den Austausch mit anderen Cushing-Hund-Besitzern habe ich jedoch den subjektiven Eindruck, dass es kleine doggenartige Rassen, wie französische Bulldogge oder Boston Terrier häufig trifft und dann auch heftig mit schlimmer Calcinosis Cutis.
8.) Ich habe den Eindruck, dass das Ausmaß und der Verlauf der Krankheit nicht nur abhängig vom einzelnen Hund, sondern abhängig von der Rasse sehr unterschiedlich verläuft. Während z.B. Dackel mit der Krankheit recht gut zurechtzukommen scheinen und viele Jahre lang mit dieser Krankheit leben und tatsächlich ein gutes Alter erreichen können, kenne ich keinen einzigen Whippet, der mit dieser Krankheit längerfristig gut leben konnte und die normale Lebenserwartung von 15 Jahren oder mehr erreicht hat.
9.) Bei dieser Krankheit bräuchte man einen kundigen Tierarzt, der auch gut verfügbar ist, was in der Praxis leider kaum möglich ist, da gerade die Experten natürlich prinzipiell zu wenig Zeit haben oder von den Institutionen abgeschottet werden.
Weiters bin ich der Meinung, dass das Cushing Syndrom eben genau nur dieses ist, ein Syndrom, also eine Sammlung von Symptomen, wenn ein Tumor an der Hirnanhangdrüse oder an der Nebenniere für eine Überproduktion von Cortisol verantwortlich ist. Leider wird aber nicht untersucht, wieso es überhaupt zur Bildung dieser Tumoren kommt. In Marleys Fall war wohl ein weiterer Tumor, ein neuroendokrines Karzinom, sehr wahrscheinlich im Zusammenhang stehend mit seiner Cushing Stoffwechselerkrankung, für seinen frühzeitigen Tod verantwortlich.
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Da es vielleicht bei dem ein oder anderen Hund mit Cushing Parallelen zu Marleys Krankheitsverlauf gibt, möchte ich diesen hier nochmals zusammenfassen:
Feb 2014 – Marley ist 9 Jahre alt und ich erkenne erste Cushing-Anzeichen: Haarverlust, Verfressenheit, schlaffes Bindegewebe und kleine Hautverletzungen, die nicht abheilen wollen, abends Unruhe; (rückwirkend betrachtet, glaube ich sogar, dass er bereits Monate vorher erste leichte Symptome gezeigt hatte)
Jun 2014 – da die Symptome für die konsultierten Tierärzte nicht eindeutig genug waren, dauerte es mehr als 3 Monate bis wir schließlich bei Dr. Zeugswetter an der Vetmed Wien die endgültige Diagnose haben
Jun 2014 – Jan 2015 – Marley ist mit 30 mg Vetoryl (Wirkstoff Trilostan), mit den üblichen vorgeschlagenen Überwachungsintervallen (ACTH-Stim-Tests) ganz gut eingestellt und seine Haare wachsen nach und er wirkt insgesamt wieder aktiver und ist weniger verfressen
Feb 2015 – Marley zeigt wieder die Symptome (Verfressenheit, Haarausfall, Hautverletzungen, Unruhe), wir entscheiden die Dosierung auf 45 mg zu steigern
Mar 2015 – Beim ACTH-Stim-Test liegt der Wert an der unteren Grenze, da jedoch die Symptome (Verfressenheit, Unruhe) abends immer noch vorhanden sind, wird mir nahegelegt, die Dosis auf zweimal pro Tag aufzuteilen (30mg morgens, 15mg abends).
Apr 2015 – die höhere Vetoryl-Dosis hat zu einem synchronen Haarwachstum geführt, Marley sieht aus wie ein Eisbär, dieses komische, stumpfe dicke Fell wird er nie wieder ganz loswerden! Wir reduzieren auf 2x täglich 15mg
Apr – Juni 2015 – mit 2x 15mg scheint Marley wieder halbwegs gut eingestellt zu sein
Juli 2015 – der ACTH-Stim-Wert ist etwas niedrig, wir reduzieren von ursprünglich 30 mg Vetoryl täglich auf 30mg jeden zweiten Tag und 15mg jeden anderen Tag.
Aug 2015 – ADDISON KRISE!
Symptome:
1.) Er frisst schlechter (man hat das Gefühl, es sei ihm permanent irgendwie schlecht)
2.) Er trinkt nun sehr viel und muss auch entsprechend oft urinieren (dieses Symptom hatte er bisher nie – auch nicht vor der Behandlung mit Trilostan!)
3.) Er hat häufig irgendwelche Probleme mit dem Bewegungsapparat – einmal Halswirbelsäule, dann Schulter oder Kreuz-Darmbein bzw. hat Phasen in denen er sich nicht schnell oder weit bewegen kann/will
4.) Er wirkt oft abgeschlagen, apathisch und depressiv
Marley muss stationär aufgenommen werden, auf der Station bekommt er noch eine Pankreatitis dazu, da während der Addison-Krise schon innere Organe unterversorgt waren. Er muss in Summe fast 2 Wochen stationär bleiben.
Sep – Dez 2015 – Er wird zum Addison Patienten (muss Kortison einnehmen!) und wir laborieren noch 4 Monate an seiner mittlerweile chronisch gewordenen Pankreatitis herum
Dez 2015 – Marley ist (laut ACTH-Stim-Test) im Normalbereich und braucht weder Kortison noch Trilostan
Feb 2016 – Marley ist wieder im Cushing, wir fangen wieder mit leichter Trilostan-Dosierung (10mg) an
Feb – Aug 2016 – 10 mg war wohl zu hoch, also abgesetzt -> wieder im Cushing -> wieder Trilostan, aber nur mehr in Dosierung 5mg
Sept 2016 – Trilostan ist abgesetzt, aber der Hund hat extreme PU/PD, Addison wird ausgeschlossen, CT-Untersuchung bestätigt den Verdacht auf Makroadenom! Makroadenom verhindert die Produktion des Antidiuretischen Hormons (ADH) an der Hypophyse was zum Diabetes Insipidus geführt hat und die PU/PD erklärt. Er bekommt ab nun und bis zum Ende seines Lebens das Medikament Nocutil (Wirkstoff Desmopressin) alle 8 Stunden, damit wir seine PU/PD halbwegs in den Griff bekommen.
Sept 2016 – Jun 2017 – Marley ist relativ stabil
Jul 2017 – Marley ist den Sommer über etwas schlapp, der Bluttest zur Kontrolle lässt für den TA keinen Schluß zu, es wird empfohlen, die regelmäßige Herzuntersuchung vorzuziehen.
Aug 2017 – Herzuntersuchung: es wird empfohlen, den bekannten Herzklappen-Fehler weiterhin mit selber Dosierung des Herzmedikaments weiter zu behandeln, ansonsten wird ihm eine tolle Herzleistung attestiert.
Nov/Dez 2017 – akute Arthritis -> Medis vom TA lösen einen Pankreatitis-Schub aus, den wir aber schnell in den Griff bekommen
5.Jan 2018 – Cushing-Kontrolltermin: noch hohe Lipase-Werte (Pankreatitis) und erstmals sehr hohe Leberwerte -> es wird mir Zentronil als Therapie empfohlen und der Hund wird ansonsten als gesund eingestuft.
10.-11.Jan 2018 – plötzlich akute Schmerzen im Pankreas, dann Blut im Urin; er muss über Nacht stationär in der Tierklinik bleiben; unzähligen Untersuchungen inklusive Leber- und Milz-Biopsie später, die Diagnose: neuroendokrines Karzinom (Herkunft zytologisch nicht bestimmbar) mit Metastasen in die Leber und Milz. Da sich neuroendokrine Tumoren aus hormonproduzierenden Zellen entwickeln, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Marley diesen Krebs als Folge seiner Cushing Krankheit bzw. der damit auch verbundenen chronischen Pankreatitis entwickelt hat.
11.Jan 2018 – Marley geht es immer schlechter, er kann nur noch eingeschläfert werden!